Verwaltung

Verwaltung
Unter ständiger Kontrolle 
durch München

Von Gernot Pültz


Ein eigenständiger und unabhängiger Betrieb war die Saline Traunstein nicht. Gegründet und aufgebaut vom Staat blieb sie durch die Jahrhunderte hindurch unter seiner Aufsicht.  Die Regierung in München hatte stets ein wachsames Auge auf die Salzgewinnung in Traunstein.

Zentral war die Kontrolle des Werkes, dezentral die Verwaltung. Im Auftrag des Staates lenkte eine Behörde in Traunstein den Betrieb. In früheren Zeiten das Salzmaieramt, später dann das Hauptsalzamt und in den letzten Jahren vor der Auflösung des Unternehmens das Salinenamt Traunstein leiteten das Alltagsgeschäft. An der Spitze der Behörde stand der Salzmaier beziehungsweise der Salineninspektor. Der Behördenleiter war so etwas wie der – wenn man einen Begriff aus der heutigen Zeit heranziehen will – Geschäftsführer des Betriebes.
 
Die Behörde vor Ort hatte ein gewisses Maß an Selbstständigkeit. So erledigte sie etwa das Rechnungswesen des Betriebes – was immerhin auch bedeutete, dass sie den Jahresetat entwarf. In Kraft setzen konnte sie die Pläne und Zahlen jedoch nicht. In diesen Fällen musste sie sich immer die Zustimmung der General-Bergwerks- und Salinen-Administration in München holen. 
1619 bis 1781

1619-1781


Herzog Maximilian schafft dezentrale Verwaltung







Salzmaier ist für den gesamten Betrieb in der Saline verantwortlich







Beamte haben fest zugewiesene Aufgaben








Salzmaier bekommt niedere Gerichtsbarkeit übertragen








Streitigkeiten zwischen dem Pfleger und dem Salzmaier






Au entwickelt sich zu einer Hofmark

Salzmaier leitet Saline

Herzog Maximilian schuf 1619 ein Salzmaieramt in Traunstein und übertrug ihm die Leitung der neuen Saline. Mit der Behörde legte er das Fundament für eine dezentrale Verwaltung des Betriebes, die dann von der Gründung des Unternehmens bis zu seiner Stilllegung fast 300 Jahre Bestand hatte. Die Beamtenschaft war streng hierarchisch gegliedert, an der Spitze stand der Salzmaier. Über die Saline hinaus besaß er im Gemeinwesen der Stadt Traunstein ein hohes gesellschaftliches Ansehen. Der örtlichen Selbstverwaltung des Betriebes waren Grenzen gesetzt: Die Behörde war gegenüber der Hofkammer rechenschaftspflichtig und stand damit stets unter der Kontrolle des Landesherrn. 

Der Salzmaier war für den gesamten Betrieb in der Saline verantwortlich. So oblag ihm die Aufsicht über die elementaren Prozesse im Werk: über die Erzeugung des weißen Goldes genauso wie über dessen Versand. Außerdem hatte er ebenso sicherzustellen, dass das Unter-nehmen über die Soleleitung stets ausreichend Salzwasser erhielt und über die Trift immer auch genügend Holz als Brennmaterial zum Beheizen der Pfannen bekam, die zum Sieden der Sole auf Temperatur zu bringen waren. 

Dem Salzmaier unterstand eine Reihe weiterer Beamter oder – wie man sie auch nannte – Offiziere, die fest zugewiesene Aufgaben zu bewältigen hatten. Der Kastner etwa verwaltete die Getreidemagazine, Unterstützung bekam er vom Kastengegenschreiber. Der Sud- und Fuderschreiber führte Buch über das Siedewesen, den Holzverbrauch und die Arbeiter. Der Salzmaieramtsgegenschreiber unterstützte den Leiter der Behörde in dessen Korrespondenz und Kassenverwaltung, der Pfieselschreiber wiederum hielt alles schwarz auf weiß fest, was mit dem getrockneten und gehärteten Produkt zusammenhing. Der Salzfertiger übernahm das weiße Gold und händigte es an die Fuhrleute oder Salzämter aus. Der Kufverwalter beaufsichtigte die Küferei, die die Fässer herstellte, dem Waldmeister unterstanden die Salinenwaldungen. Der Kassier hatte die Rechnung zu führen und die Kasse zu verwalten. In dieser Aufgabenverteilung blieb die Beamtenschaft bis ins ausgehende 18. Jahrhundert nahezu unverändert bestehen.

Nicht nur ein Betriebsleiter, auch ein Gerichtsherr war der Salzmaier. So erhielt er neben den Kompetenzen, die Geschäfte des Unternehmens zu führen, auch die niedere Gerichtsbarkeit im Salinenbezirk vom Landesherrn zugebilligt. Wenn Offiziere oder Arbeiter sich, wie den Quellen zu entnehmen ist, eines Verbrechens, Unfleißes oder auch eines Versäumnisses schuldig machten, dann hatte der Salzmaier – und nur er – über sie zu richten. Aber auch falls sie sich untereinander uneins waren, hatte er die Aufgabe und die Verantwortung, Recht zu sprechen. Die hohe Gerichtsbarkeit im Salinenbezirk jedoch oblag auch weiterhin dem Pfleger von Traunstein. Sollte sich also ein Malefizverbrechen – etwa Mord oder Totschlag – ereignen, war nicht der Salzmaier, sondern der Pfleger zuständig.

Streitigkeiten und Gerangel unter den Gerichtsherren blieben im 17. Jahrhundert nicht aus. Der Pfleger versuchte immer wieder, im Ringen um Macht und Ansehen Boden gegenüber dem Salzmaier gut zu machen. Doch der Landesherr schützte den von ihm neu ernannten Träger der niederen Gerichtsbarkeit und unterband alle Versuche, ihn in seinen Rechten einzu-schränken. Maximilian stärkte dem Salzmaier den Rücken, damit er nicht an Respekt unter den Offizieren und Arbeitern verliert und sich mit seinen Anordnungen vielmehr weiter durchsetzen kann. Der Landesherr ließ nicht zu, dass der oberste Salzbeamte demontiert und der reibungslose Betrieb der Saline gefährdet wird. Die Salzgewinnung brachte ihm hohe Einnahmen – und diese Gewinne wollte er nicht verlieren.

Das Salinengelände war ein eigener Rechtsbezirk, der Salzmaier führte Regie. In den ersten Jahrzehnten nach der Gründung des Betriebes war der Salinenbezirk de facto, aber nicht de jure eine Hofmark. Erst um 1663 tauchte in den Quellen der Begriff „hofmarch Au“ auf. 
1782 bis 1867

1782-1867






Hauptsalzamt folgt auf Salzmaieramt


Dienstinstruktion regelt Zuständigkeiten







Beamte und Arbeiter sind in vier Klassen eingeteilt







162 Personen sind fest angestellt



Von der Hofmark zur Landgemeinde




Hauptsalzamt leitet Torfabbau auf den Mooren








Salineninspektor trägt Verantwortung

Im Rahmen der Reformierung der staatlichen Salzgewinnung in Bayern erneuerte Johann Sebastian Clais auch die Verwaltung der Saline in Traunstein. 1782 beauftragte Kurfürst Karl-Theodor den Fachmann aus der Schweiz damit, die beiden Standorte auf Herz und Nieren zu prüfen – was er dann in den folgenden Jahren bis 1798 auch machte. Neben dem Werk in Reichenhall modernisierte er auch den Betrieb in Traunstein. Auf den Bau einer neuen Pro-duktionsstätte, des Karl-Theodor-Sudhauses, in den Jahren 1785/86 folgte 1791 eine Neuordnung der Verwaltung. An die Stelle des Salzmaieramtes setzte Clais das Hauptsalzamt, das nun die Leitung der Saline übernahm. Als oberster Sachwalter des Unternehmens fungierte fortan nicht mehr der Salzmaier, sondern, wie er jetzt hieß, der Ober-Inspektor. Später trug er dann den Titel Salinen-Inspektor. In einer Dienstinstruktion legte Clais genau fest, wer künftig welche Aufgaben zu übernehmen hatte – und nicht zuletzt auch, wer wie viel Geld für seine Tätigkeiten bekam. 

Clais gliederte die Beamten in der Verwaltung wie auch die Arbeiter in der Produktion und im Vertrieb in insgesamt vier Dienstklassen und ordnete an, dass die einzelnen Gruppen gemäß ihrer Stellung in der Hierarchie fortan entsprechende Uniformen zu tragen hatten. Die erste Klasse der Ober-Offiziere bildeten der Ober-Inspektor und leitende Beamte wie etwa der Kastner und Kassier, die Waldmeister und die Salzfertiger, der Kaplan und der Arzt. Bekleideten diese Beamten Positionen in der Führungsetage, so war ihnen die zweite Klasse der Unter-Offiziere mit dem Schreiber, dem Hausmeister, dem Waagemeister, dem Wachtmeister, dem Salzbereiter und dem Grießanschaffer auf der mittleren Verwaltungsebene untergeordnet. In die dritte Klasse der Aufseher, die dem unteren Bereich gleich kam, waren der erste und zweite Sudmeister genauso eingeteilt wie etwa die Wasserrichter sowie die Fass- und Fässel-Beschauer. Die zahlenmäßig größte Gruppe mit mehr als 120 Beschäftigten bildete die vierte Klasse der Arbeiter. Brunnenwärter und Sieder waren in der neuen Dienstinstruktion ebenso aufgeführt wie etwa auch Heizer, Stößer und Küfermeister, Salzfassaufleger sowie viele andere mehr.

Wie sich aus der Dienstinstruktion des Jahres 1791 ergibt, waren damals 162 Personen fest angestellt. Rund 25 Prozent waren als Beamte in der Verwaltung tätig, etwa 75 Prozent als Arbeiter in der Produktion und im Vertrieb.

Im Zuge der Reformen von Montgelas erfolgte 1808 die Auflösung der Hofmark Au und ihre Eingliederung in den neuen Steuerdistrikt Traunstein. Die Kehrtwende ließ jedoch nicht lange auf sich warten: 1819 nahm man die Au wieder aus dem Steuerdistrikt Traunstein und erhob sie zur Ruralgemeinde. Ein Ausblick: Die Au blieb bis 1914 eigenständig, ehe dann ihre Eingemeindung in die Stadt Traunstein erfolgte.

Eine neue weitere Aufgabe erhielt das Hauptsalzamt Mitte der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts. Die Behörde bekam den Auftrag, den Torfbetrieb zu verwalten, den der Staat und Unternehmer im Zuge der Neugestaltung der Energieversorgung der Saline Traunstein aus der Taufe hob. Als das Holz in den Wäldern in der Umgebung von Traunstein zur Neige ging, fing der Staat damit an, nach alternativem Brennmaterial zu suchen. In den Fokus nahm er seine Moore, die in der Region lagen und die ihm nun neue Perspektiven in der Versorgung der Saline mit „Surrogaten“ eröffneten. So reifte der Plan, im Umfeld des Betriebes Torf zu stechen, ihn zur Saline zu fahren und ihn dann unter den Pfannen zu verfeuern. 1854 begann der Abbau auf dem Trenkmoos in nächster Nähe zum Unternehmen. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten schickte der Staat alsdann Arbeiter auch auf die Kramsenfilze nahe Seebruck wie auch auf die Kendlmühlfilze südlich des Chiemsees. Die Verwaltung des Torfbetriebes, der auf diesen Flächen wuchs, übertrug der Staat dem Hauptsalzamt Traunstein. Den Abbau da wie dort zu organisieren war fortan dessen Aufgabe.

Zur Verwaltung der Saline durch das Hauptsalzamt:
1868 bis 1912

1868-1912


Staat zentralisiert Verwaltung des Betriebes








Staat stellt Handel mit seinem Salz auf neue Grundlagen







Hauptsalzamt verliert Versand auf den Schienen











Hauptsalzamt muss Salinenwaldungen abtreten




Reibereien beeinträchtigen Verhältnis zwischen Traunstein und München






Salinenamt folgt auf Hauptsalzamt

Staat schmälert Selbstverwaltung vor Ort

Im Zuge der Umstrukturierung seiner Salzgewinnung in den Jahren um 1868 zentralisierte der bayerische Staat die Verwaltung seiner Salinen. Wie die Hauptsalzämter in Berchtesgaden, Reichenhall und Rosenheim verlor auch die Behörde in Traunstein einen Teil seiner Rechte. Die General-Bergwerks- und Salinenadministration übernahm fortan den Vertrieb des Salzes mit der Eisenbahn, den bislang die Hauptsalzämter in eigener Regie gelenkt und geleitet hatten. Allein der Verkauf vor Ort blieb in der Verantwortung der lokalen Behörden. Und eine Korrektur in der Landesverwaltung führte zu einer weiteren wesentlichen Einschränkung der örtlichen Selbstverwaltung: Die Hauptsalzämter verloren das Recht, die Salinenwaldungen bewirtschaften zu dürfen.

Ins Jahr 1868 fiel eine epochale Wende: Gedrängt von Preußen musste Bayern das Salzhandelsmonopol aus der Welt schaffen, das der Staat bis dato sein Eigen genannt hatte. Alle Handelsbeschränkungen fielen, Konkurrenten aus den Nachbarstaaten kamen mit ihrem Salz über die Grenze. Angesichts des aufkommenden Wettbewerbes stellte der Unternehmer Staat den Handel mit dem Salz, das er erzeugte, auf eine neue Grundlage. Als Mittel, im Konkur-renzkampf zu bestehen, wählte er die Zentralisation. Und so nahm er auch dem Hauptsalzamt Traunstein die Befugnis, eigenverantwortlich den Vertrieb des Salzes zu den Abnehmern im Königreich zu organisieren.

Bis in die 60er Jahre hinein hatte die Behörde die Aufgabe, das Salz auf die Reise zu schicken. Zunächst nahm sie wie schon seit Jahrhunderten Fuhrunternehmer in ihre Dienste, die die Fässer über die Straßen transportierten. Als dann 1860 die Eisenbahn nach Traunstein fuhr, änderte sie die Transportweise und stellte die Weichen, dass das Salz fortan mit den Zügen auf den Schienen zu den Abnehmern kam. Im Zuge der Neuorganisation des Handels mit dem eigenen Salz verfügte dann der Staat, dass fortan alle Lieferungen mit der Eisenbahn nicht mehr Sache des Hauptsalzamtes, sondern die der General-Bergwerks- und Salinenadministration sein sollte. Den Vertrieb mit der Bahn übernahm die ihr angliederte Salinenhauptbuchhaltung.

Das Hauptsalzamt stand in der Verantwortung, neben der Produktion und dem Vertrieb des Salzes in der Saline auch die Versorgung mit den Rohstoffen zu sichern, die der Betrieb benötigte. Die Behörde hatte die Aufgabe wie auch die Rechte, sich in eigener Regie die für die Salzerzeugung erforderlichen Ressourcen zu beschaffen. In dieser Ausrichtung hatte sie auch die Verantwortung über den Torfbetrieb zugesprochen bekommen, der seine Anfänge 1854 nahm. Als der bayerische Staat seine Erzeugung und seinen Handel im Zuge der Umwälzungen, die das Jahr 1868 brachte, umstrukturierte, verlor die Behörde eine zentrale Kompetenz: Ihr kam das Recht abhanden, sich aus den staatlichen Wäldern in der Region das Holz zu holen, das die Saline zum Beheizen der Sudpfannen benötigte. So verfügte der bayerische Staat 1867, dass das Hauptsalzamt die Wälder, die einst Herzog Maximilian dem Salzmaieramt zur Versorgung der Saline übertragen hatte, an das Forstamt abgeben musste. Mit anderen Worten: Der Holzbetrieb war fortan nicht mehr die Sache des Hauptsalzamtes. 1868 trat die Neuregelung in Kraft.

Das Hauptsalzamt Traunstein war von der Zentralisation der Betriebsverwaltung wenig begeistert. Der Verlust an Eigenverantwortlichkeit nagte am Selbstverständnis des Salineninspektors. So blieben dann auch Reibereien nicht aus, die das Verhältnis zwischen Traunstein und München belasteten. Ein schweres Zerwürfnis zwischen dem Hauptsalzamt und der General-Bergwerks- und Salinenadministration ergab sich 1876 – damals war Johann Baptist Rast Salineninspektor – in einem Streit um die Herstellung von Salz zur Fütterung der Tiere: Die Generaladministration wandte sich an das Hauptsalzamt und beendete ihre Ausführungen mit einer deutliche Ermahnung an die Adresse des aufmüpfigen und widerspenstigen Spitzenbeamten in Traunstein: Schließlich könne dem Hauptsalzamt nicht unbemerkt gelassen werden, dass sich dasselbe in seinen Berichten künftig lediglich an die Sache zu halten und alle ungehörigen Ausfälle gegen Persönlichkeiten oder eine andere Behörde zu unterlassen habe.

1909 erfolgte eine weitere Neuerung in der Verwaltung der Saline Traunstein: Hatte bis dato das Hauptsalzamt die Leitung des Betriebes inne, so trat nun das Salinenamt an dessen Stelle.

Zur Verwaltung der Saline durch das Hauptsalzamt:
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